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DER INNERE MONITOR

SYNÄSTHESIE
Theoretischer Hintergrund

Die genuine Synästhesie bezeichnet die Miterregung eines Sinnesorgans bei Reizung eines anderen. Bei der graphemischen Synästhesie handelt es sich um die unfreiwillige Assoziation von Farben zu Buchstaben und Zahlen. Der Induktor ist die gehörte, gelesene und gedachte Sprache. Die mitlaufende synästhetische Wahrnehmung ist die Farbe. Synästhesie tritt stets unwillkürlich auf, ist innerhalb der gekoppelten Sinne meistens unidirektional und ein Leben lang konstant in den Kopplungen und ihren Details. Jeder Synästhetiker hat sein individuelles, aber unveränderliches Lexikon von festen Zuordnungen zu auslösenden Reizen.

 

Projektor-Synästhetiker erleben die Synästhesie im Außen, sie nehmen die Farben zum Beispiel direkt auf einer Buchseite projeziert wahr. Andere Synästhetiker bilden ihre mitlaufende Wahrnehmung auf einem sogenannten »Inneren Monitor« ab.

Oft liegt eine graphemische Synästhesie mit Einflüssen aus dem lexikalischen und phonetischen Bereich vor. Die graphemische Synästhesie ist meist dominierend und wird somit als Überbegriff verwendet, auch wenn Anteile aus den anderen Bereichen vorhanden sind. Eindeutige Zuordnungen von Synästhetikern zu den im Folgenden aufgeführten Typen sind meistens nicht möglich.

Graphemische Synästhesie
Die synästhetische Farbe des Wortes setzt sich durch die den einzelnen Buchstaben zugeordneten Farben zusammen. Bei dem Graphem ist die Bedeutung, nicht dessen Form entscheidend. Groß- und Kleinbuchstaben lösen immer identische Farben aus. Verschiedene Hand- und Druckschriften führen ebenfalls zu den gleichen mitlaufenden Wahrnehmungen.

Phonetische Synästesie
Hier wird die Farbe des Wortes phonetisch getriggert. Dann wäre beispielsweise die Farbe für den phonetisch gleichen Wortanfang von Phase, Fasan und Vater dieselbe.

Lexikalische Synästhesie
Auch Ganzwortsynästhesie genannt. Bestimmte Wörter bekommen aufgrund ihrer Bedeutung eine konkrete Farbe zugeordnet. Häufig sind das Wochentage und Namen, Farbwörter wie zum Beispiel Blau oder Rot, Wörter mit nutritiven Aspekten wie Banane oder Kirsche und andere Wörter, die eindeutig für eine Farbe ­stehen, beispielsweise Gras oder Blut. Auch kann es gefühlssynästhetische Anteile für Wörter geben, zum Beispiel bei Trauer oder Liebe. Die den Wörtern zugeordnete Farbe kann das graphemisch gefärbte Wort mitfärben oder komplett überlagern. Zu Farbirritationen, Mitfärbungen oder Überlagerungen kann es auch bei Zahlwörtern (zwei, drei) kommen, da den einzelnen Ziffern (2, 3) meist eine spezielle Farbe zugeordnet wird.

Bedeutungshafte Strukturen der Auslöser

Wahrnehmung heißt eintreffende Sinnesdaten mit einem Engrammnetz vergleichen, welches auf der bisherigen Erfahrung basiert. Lernprozesse sind bei jeder Person individuell, auch für dieselben Strukturen wie Buchstaben und Wörter. Das durch Gedächnis, Erfahrung und Bedeutung aufgebaute Netz ist bei jedem Menschen anders. Synästhetikern machen zusätzliche Teile sinnlicher Wahrnehmung zu Anteilen ihres Engrammnetzes. Hinderk M. Emmrich prägte den Begriff des Hyper-Binding. Gemeint ist die bei Synästhetikern verstärkte Darstellung des integrativen Bildes der Welt.

Untersuchungen in der Synästhesieforschung haben gezeigt, dass Synästhesie einer Abbildung von Bedeutung in einem zweiten System entspricht und die Gewichtung individueller Merkmale aufgezeigt. In der lexikalischen Synästhesie sind bedeutungshafte Strukturen der Auslöser deutlich zu erkennen. ­Das heißt, dass individuelle Lernprozesse und Erfahrungen auf den verschiedensten Stufen der Entwicklung eines Individuums bei der synästhetischen Wahrnehmung eine Rolle spielen können, jedoch ohne den Kriterien der Synästhesie zu widersprechen.

Der Innere Monitor / Farbtafeln
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